Das Bundesverfassungsgericht hat eine Eilantrag von Abgeordneten von Grünen, Linkspartei und FDP abgelehnt, mit dem die jüngste Wahlrechtsreform revidiert werden sollte. Folge wäre gewesen, daß zur Bundestagswahl 2021 noch einmal das Wahlrecht der vorangegangenen Bundestagswahl angewendet worden wäre.
Die Bundesverfassungsrichter verwiesen auf die Verhandlung in der Hauptsache, die nach der Bundestagswahl stattfinden würde. In der Abwägung der Folgen einer entsprechenden Anordnung erklärte das Bundesverfassungsgericht, daß die Stattgabe des Eilantrages schwerwiegendere Folgen haben würde, als wenn dieser abgelehnt und auf die Hauptverhandlung verwiesen würde. Wäre dem Eilantrag stattgegeben und die Anwendung des Gesetzes verhindert worden, bedeutete dies einen schweren Eingriff in den Willen des Gesetzgebers, der laut Verfassung das Wahlrecht auszugestalten hat. Dies träfe insbesondere zu, wenn die Reform in der Hauptverhandlung als zulässig erklärt würde. In dem Falle wäre ein verfassungsmäßiges Gesetz nicht angewendet worden.
Wird hingegen entsprechend der jüngsten Wahlrechtsreform gewählt und diese in der Verhandlung zur Hauptsache verworfen, wären, je nach schwere des Verfassungsverstoßes, Neuwahlen möglich. Somit ließ das Verfassungsgericht die Anwendung des Gesetzes für die Wahl zum 20. Bundestag zu. Gleichzeitig betonte das Gericht, daß eine Aufhebung des Gesetzes nicht ausgeschlossen sei.
Die Folgen lassen sich an früheren Entscheidungen ablesen. Das Bundeswahlgesetz wurde wegen des Auftreten des inversen Erfolgswertes (negatives Stimmgewicht) 2008 durch das Bundesverfassungsgericht verworfen und eine Frist für eine Reform des Wahlrechts angesetzt. Auf eine Wiederholung der Wahl wurde verzichtet. Eine solche Lösung wäre auch für das gegenwärtige Gesetz denkbar, wenn es im Hauptsacheverfahren verworfen würde. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit, daß das Verfassungsgericht die Wahl für nichtig erklärt und die Bundestagswahl wiederholt werden müßte.
Links zum Thema:
Presseerklärung des Verfassungsgerichts
Urteil des Verfassungsgerichts (2 BvF 2/21)